Judith Borowski von NOMOS Glashütte

Im Januar 1990, nur zwei Monate nach dem Fall der Berliner Mauer, gründete Roland Schwertner die Uhrenfirma NOMOS in Glashütte. Roland war kein gelernter Uhrmacher, aber er hatte eine klare Vorstellung davon, was NOMOS werden sollte. Sein Hintergrund in IT und Fotografie kam ihm dabei sehr entgegen. Sein früherer Beruf als Fotograf vermittelte ihm zweifellos einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik, der sich in den stilvollen Kreationen der Marke widerspiegelt.

Im Januar 1990, nur zwei Monate nach dem Fall der Berliner Mauer, gründete Roland Schwertner die Uhrenfirma NOMOS in Glashütte. Roland war kein gelernter Uhrmacher, aber er hatte eine klare Vorstellung davon, was NOMOS werden sollte. Sein Hintergrund in IT und Fotografie kam ihm dabei sehr entgegen. Sein früherer Beruf als Fotograf vermittelte ihm zweifellos einen ausgeprägten Sinn für Ästhetik, der sich in den stilvollen Kreationen der Marke widerspiegelt.

Susanne Günther ist eine Grafikdesignerin, die Ronald Schwertner sehr schätzt. Aber es ging damals um Teamwork: Neben Susanne waren Anfang der 90er Jahre auch Christoph (Uhrmacher), Roland (Gründer) und später Michael (Künstler und Grafikdesigner für Tetra, 1993) beteiligt. So ist die erste kleine Kollektion entstanden, als Gemeinschaftswerk.

Unsere Tangente ist aber auch eine Hommage an eine Uhr, die es schon seit rund 100 Jahren gibt. Die Inspiration kam von einem ehemals erfolglosen Modell – aber natürlich sah es am Ende ganz anders aus.

Judith Borowski of NOMOS Glashütte

Heute ist die Tangente die meistverkaufte deutsche Uhr. Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für ihren Erfolg?

Tangente ist eine archetypische Uhr, ein idealer Zeitmesser, der Generationen und Zeiten überdauert, unabhängig von Typ und Geschlecht. Meiner Meinung nach ein sehr deutsches Design, aber im guten Sinne – sauber, schnörkellos, sachlich und flach, dank ihres schlanken Kalibers. Außerdem ist es sehr elegant. Neben dem Design und der außergewöhnlichen uhrmacherischen Qualität, die die 175-jährige Tradition von Glashütte widerspiegelt, ist auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ein Faktor für den großen Erfolg dieser Uhr. Wir sagen oft: NOMOS ist Tangente. Diese Uhr ist wie ein Logo, ein Emblem für unsere Marke – sie verkörpert unser Unternehmen.

Judith Borowski of NOMOS Glashütte

Die erste Tangente war mit einem ETA-Werk ausgestattet. Danach schuf NOMOS sein erstes eigenes Uhrwerk, das Kaliber Alpha mit Handaufzug. Das war ein gewaltiges Unterfangen, aber es verblasst im Vergleich zu der Entscheidung der Marke, ihre eigene Hemmung, das sogenannte “Swing-System”, herzustellen. Dieses wurde schließlich 2014 eingeführt, muss aber ein gewaltiges finanzielles Unterfangen gewesen sein. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Weg einzuschlagen?

Wir wollten unabhängig von Drittanbietern sein, wir wollten das wichtigste Bauteil der Uhr, ihr Herz, selbst verstehen und alle Qualitäten selbst bestimmen können. Außerdem wollten wir wachsen, aber wenn man auf Zulieferungen von Dritten angewiesen ist, ist das nur begrenzt möglich und kann nie vollständig realisiert werden. Das NOMOS-Schwingsystem (so klein es auch ist!) war in der Tat ein Quantensprung für unsere Marke. Nur wenige Hersteller weltweit sind in der Lage, solche Dinge selbst zu produzieren.

Wenn ich ehrlich bin, habe ich die Tangente nicht mit Komplikationen in Verbindung gebracht. Aber ich habe mich geirrt, denn NOMOS hat die Tangente mit Komplikationen wie einer Gangreserve, einem Datum und einem “Update” ausgestattet. Könnten Sie sich vorstellen, dass das Unternehmen in Zukunft weitere Komplikationen anbietet?

Ihr Eindruck ist nicht falsch, Komplikationen sind nicht das erste Anliegen von NOMOS, schon gar nicht bei der Tangente. Als Uhr, die einen im Alltag begleitet, ist sie kein Modell, das nach einer Komplikation verlangt. Die Tangente ist perfekt, gerade weil sie so einfach und unkompliziert ist. Die von Ihnen erwähnten Innovationen – Gangreserve, Datum und aktualisiertes Datum – sind wirklich nützliche Features, die dem Träger dienen. Große Komplikationen wie einen ewigen Kalender sehe ich weder für die Tangente noch für NOMOS Glashütte vor.

Die auf der Tangente verwendete Typografie ist sehr auffällig. Einige Kommentatoren bezeichnen sie als vom Bauhaus inspiriert, ich glaube jedoch, dass sie der Phantasie von Susanne Gunther entsprungen ist. Ich nehme an, dass diese Schriftart in irgendeiner Weise geschützt ist. Haben Sie sie neben der Tangente auch bei anderen Modellen verwendet?

Beides ist wahr. Die Typografie ist an Schriften aus den 20er Jahren angelehnt. Sie ist zwar vom Bauhaus inspiriert, aber wir haben das alte Design komplett überarbeitet; Susanne und Michael waren auch an der Tangente-Typografie beteiligt.

Wir haben die Ziffern 2, 4, 8, 1 und 0 einzeln gezeichnet, so dass es anfangs keinen vollständigen Satz gab. Die 3, 5 und die anderen Zahlen haben wir erst später entworfen. Genauso war es mit dem Datum, das eine ganz andere Aufgabe war. Wir mussten diese Ziffern entwickeln und sie in einem kleinen Datumsfenster unterbringen, damit sie harmonisch aussehen.

Also hat Susanne Günther zusammen mit Michael Margos die alte Schrift angepasst, deutlich verbessert und daraus die Tangente gemacht. Meiner Meinung nach ist diese Schriftart auch maßgeblich für den Erfolg der Tangente verantwortlich.

Ja, die Schriftart Tangente ist geschützt. Die Typografie von Tetra und Ahoi basiert auf dieser Schriftart.

Würden Sie in Betracht ziehen, eine eigene Schriftart für andere Modelle zu entwickeln?

Im Moment nicht, nein. Unsere Bibliothek ist riesig, jedes NOMOS-Modell hat seine eigene Typografie und wir pflegen gerade unsere Klassiker.

Wenn ich an die Tangente denke, denke ich unweigerlich an weiß versilberte Zifferblätter und thermisch gebläute Zeiger. Aber das Unternehmen hat auch viele andere Farben wie “marineblau”, “mitternachtsblau”, “silvercut” usw. hergestellt. Was viele Leser wahrscheinlich nicht wissen, ist, dass Sie in der Vergangenheit bunte und manchmal auch gemusterte Zifferblätter wie “Capri”, “Rimini”, “Picknick”, “BBQ” und “Rosemarie” hergestellt haben. Können Sie sich vorstellen, zu solchen avantgardistischen Zifferblättern zurückzukehren?

Die knallbunten Zifferblätter waren immer nur farbige Streifzüge für Sondermodelle. Für die Serienmodelle der Tangente wären die Farben zu auffällig gewesen: Solche replica Uhren sind Sammlerstücke, gemacht für Menschen, die sich nach einem Zifferblatt in ihrer Lieblingsfarbe sehnen. Interessanterweise haben diese Uhren an Wert gewonnen, manchmal sogar beträchtlich. Für die Standardkollektion bevorzugen wir jedoch Farben, die sich aus dem Material ableiten – Farben, die, wie die Uhren und das Design selbst, ein Leben lang halten.

Bei den heutigen NOMOS-Modellen stehen die Worte “NOMOS” und “Glashütte” oben auf dem Zifferblatt, “Made in Germany” steht unten auf dem Zifferblatt. Bei einigen frühen Modellen war der Text etwas anders, da stand unter dem Wort “NOMOS” “Glashütte SA” und unten auf dem Zifferblatt einfach “Germany”. Können Sie uns eine Erklärung für diese Änderungen geben?

Das ‘SA’ steht für ‘Sachsen’ und ist eigentlich ein Teil unseres Firmennamens. Aber nachdem wir die vertikale Integration des Unternehmens so weit vorangetrieben hatten, dass unsere Uhren “extrem Glashütte” waren, beschlossen wir, den Ortsnamen auf dem Zifferblatt zu vergrößern, um ihn besser sichtbar zu machen. Um dafür Platz zu schaffen, haben wir das ‘SA’ vom Zifferblatt gestrichen. Made in Germany’ hat einen höheren Wiedererkennungswert als die bloße Angabe ‘Germany’. Außerdem sah es einfach besser aus, wenn es über der Sechs-Uhr-Position stand.

Judith Borowski of NOMOS Glashütte

Heutzutage werden die NOMOS-Uhren in Ihrem Berliner Büro entworfen. Sie haben aber auch externe Designer wie Mark Braun und Werner Aisslinger engagiert. Was sind die Vorteile des Standorts Berlin? Und was sind die Gründe für den Einsatz von externen Designern, wenn Sie doch ein sehr talentiertes Team von internen Designern haben?

Berlin ist ein Schmelztiegel für die talentiertesten Designer, Künstler und anderen Kreativen. Wir finden hier die Besten der Besten, sie rennen uns praktisch die Türen ein. Und jeder kann hier auch die Inspiration finden, die er braucht.

In Glashütte sind es also die Uhrmacher, Konstrukteure und Regleure, die außergewöhnlich gut sind und ihr Handwerk seit Generationen ausüben, in Berlin sind es die Kreativen. Sie ergänzen sich gut. Und auch bei NOMOS Glashütte gibt es eine gute Symbiose von internen und externen Kräften: Das hauseigene Wissen, das Erfahrungswissen von NOMOS, die enge Verzahnung von Design und Konstruktion – und hin und wieder frischer Wind durch externe Expertise. Das ist eigentlich großartig. Nein, es ist ideal.

Judith Borowski of NOMOS Glashütte

Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass NOMOS prominente Botschafter unter Vertrag nimmt, aber die Marke ist bei der politischen Elite Deutschlands, die im Deutschen Bundestag arbeitet, sehr beliebt. Was halten Sie davon?

Das freut mich sehr. Wir haben nie darauf gedrängt, aber wenn deutsche Politiker gerne eine gute Uhr aus Deutschland tragen (und nicht eine aus China oder der Schweiz), ist das ein gutes Zeichen. Es ist nicht unbedingt ein Zeichen des Stolzes, aber es ist ein Zeichen der Solidarität und es ist ein Zeichen, wie der Träger unsere Welt sieht. Es ist auch ein Zeichen von Stilbewusstsein und Qualität.

Ich glaube aber auch, dass NOMOS Glashütte wiederum ihren Blick auf die Welt prägt: Die Schönheit und Klarheit unserer Uhren, die Haltung unserer Marke – ich glaube, dass der tägliche Blick darauf auch die Menschen, die unsere Uhren tragen, ein Stück weit prägt. Mir gefällt der Gedanke, dass sich NOMOS Glashütte auf diese Weise ein kleines bisschen in die Politik einmischt…

Haben Sie sich jemals darüber gewundert, dass die Tangente, als Sie sie zum ersten Mal herausbrachten, 30 Jahre später immer noch sehr gefragt sein würde?

Überrascht bin ich nicht. Aber es macht mich glücklich und ich fühle mich manchmal auch ein bisschen demütig und dankbar gegenüber Susanne Günther und Co, denn so einen Erfolg kann man nicht planen. Einen Klassiker kann man sich immer nur wünschen – ob man ihn tatsächlich erreicht, zeigt sich erst viele Jahre später. Die Nachfrage nach der Tangente lässt nicht nach, ganz im Gegenteil. Im Gegenteil, das NOMOS-Modell läuft und läuft und läuft: Wie schön!

Judith Borowski of NOMOS Glashütte

Was wünschen Sie sich langfristig für NOMOS Glashütte?

Dass wir mit dem, was wir tun, das Leben weiterhin viel schöner und besser machen: Das Leben unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, unserer Lieferanten, Handelspartner und natürlich unserer Kunden. Dass wir gute Arbeitsplätze in Glashütte auf Dauer sichern können. Und auch, dass es uns gelingt, mit schönen, eleganten Automatikuhren aus eigener Fertigung und im Einklang mit 175 Jahren Glashütter Uhrmachertradition einen neuen Standard in der Welt der Uhren zu setzen.

Schlussbemerkungen

Seit NOMOS 1992 seine erste Kollektion vorstellte, hat sich das Unternehmen einen beneidenswerten Ruf für die Herstellung von Produkten mit einem beeindruckenden Preis-Leistungs-Verhältnis erworben. Die ultraflachen, hauseigenen Uhrwerke der Marke sind durchdrungen von mechanischer Raffinesse, angereichert mit beeindruckenden Veredelungen und versprechen eine außergewöhnliche Ganggenauigkeit.

Bei NOMOS verbinden sich zudem Stil und Qualität, was zu einer bemerkenswerten Langlebigkeit führt. Die Anziehungskraft des Bauhauses hat sich in der Formgebung nie verflüchtigt. NOMOS hat sich von Anfang an klugerweise für die Designphilosophie form follows function” entschieden. Die Designkompetenz von NOMOS Glashütte ist über jeden Zweifel erhaben, wie die zahlreichen Designpreise zeigen, die das Unternehmen im Laufe der Jahre erhalten hat.

Judith ist offensichtlich in der Lage, sehr talentierte Kreative anzuziehen und sie für die Arbeit im Berliner Büro des Unternehmens zu gewinnen. Obwohl sie 200 km voneinander entfernt sind, arbeiten die Mitarbeiter in Berlin und Glashütte offensichtlich gut zusammen und kreieren Uhren für eine wachsende Zahl von Markenliebhabern.


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